Ernährung bei Krebs

Tumorpatientinnen und Tumorpatienten benötigen eine besondere Aufmerksamkeit hinsichtlich ihres Ernährungszustandes und eine bedarfs- und situationsgerechte Ernährungstherapie. Chemotherapie, Operation und/oder Radiotherapie führen zu einer Beeinträchtigung von Appetit und zu einer herabgesetzten Funktionsfähigkeit des Gastrointestinaltraktes und somit zu unerwünschten Nebenwirkungen. Patientinnen und Patienten mit aktiver Tumorerkrankung erleiden häufig aufgrund einer unzureichenden Nahrungsaufnahme einen Gewichtsverlust, der erheblich sein kann. Der Gewichtsverlust ist mit einer eingeschränkten Lebensqualität und mit einer reduzierten Erkrankungsprognose assoziiert, so dass dies unbedingt vermieden werden sollte. Zur Steigerung der oralen Nahrungsaufnahme sollten möglichst immer qualifizierte Ernährungsberatungen angeboten werden, inklusive einer Anreicherung der Speisen und/oder dem Angebot oraler Trinknahrungen. Eine enterale oder parenterale Zufuhr von Nährlösungen sollte erfolgen, wenn eine ausreichende orale Nahrungsaufnahme nicht erreicht werden kann.

BZKF-Bayerisches Zentrum für Krebsforschung
 

Im Folgenden werden allgemeine Empfehlungen zur gesunden Ernährung sowohl zur Vorbeugung als auch nach durchgestandener Krebserkrankung zusammengefasst, die als Richtschnur für die praktische Ernährungsberatung gelten.

Der World Cancer Research Fund empfiehlt folgende Punkte bezüglich der Ernährung bzw. des Lebensstils sowohl zur Vorbeugung als auch nach durchgestandener Krebserkrankung:

  • Man sollte so schlank wie möglich bleiben. Aber, bei einer aktiven Tumorerkrankung sollte ein Gewichtsverlust unbedingt vermieden werden (siehe oben)!
  • Körperliche Aktivität sollte ein Teil des täglichen Lebens sein. Man sollte jeden Tag mindestens 30 Minuten körperlich aktiv und sollte versuchen, möglichst wenig zu sitzen.
  • Der Verzehr energiedichter Lebensmittel sollte begrenzt werden, zuckerhaltige Getränke sollten vermieden werden.
  • Die tägliche Kost sollte überwiegend pflanzliche Lebensmittel, möglichst unverarbeitete Getreidesorten und/oder Hülsenfrüchte, am besten 5-mal am Tag, oder mindestens 400 g Gemüse (nicht stärkereich) und Obst enthalten. Weißmehlprodukte sollten vermieden werden.
  • Rotes Muskelfleisch (< 500 g/Woche) und verarbeitetes Fleisch sollten vermieden werden.
  • Alkohol sollte nicht getrunken werden. Ein Schwellenwert für Alkohol kann nicht angegeben werden, ein vorsichtiger Richtwert wäre maximal 20 g/Tag für Männer und 10 g/Tag für Frauen. 20 g Alkohol/Tag entsprechen einem halben Liter Bier oder einem viertel Liter Wein oder zwei Gläsern Sekt.
  • Salz und salzhaltige Produkte sollten so wenig wie möglich (<6 g/Tag) konsumiert werden.
  • Man sollte keine verschimmelten Gemüse oder Getreideprodukte essen.
  • Der Nährstoffbedarf sollte ausschließlich durch Lebensmittel gedeckt werden, Nahrungser-gänzungsmittel (Supplemente) werden nicht empfohlen.
  • Für Krebsbetroffene gelten die gleichen Empfehlungen wie zur Krebsprävention.

Diese Empfehlungen decken sich inhaltlich weitgehend mit den 10 Regeln der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die im Folgenden näher vorgestellt werden.


1. Die Lebensmittelvielfalt genießen

Vollwertiges Essen und Trinken beinhaltet sowohl angemessene Mengen, als auch die Kombination nährstoffreicher und energiearmer Lebensmittel. Je größer die Vielfalt und abwechslungsreicher die Lebensmittel gewählt werden, desto besser ist der Effekt. Jede Lebensmittelgruppe sollte abgedeckt werden. Durch eine gesunde ausgewogene Ernährung ist es auch möglich, den Bedarf an Vitaminen, Mineralstoffen und Spurenelementen ausreichend zu decken. Supplemente aus Drogerien, Apotheken o. ä. sind nicht nötig. Ein Mangel sollte durch ärztliche Hilfe behandelt werden.


2. Gemüse und Obst – Nimm „5 am Tag“

Es sollten 3 Portionen Gemüse und 2 Portionen Obst am Tag verzehrt werden, um ausreichend Vitamine, Mineralstoffe sowie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe aufzunehmen. Regionale und saisonale Produkte sollten bevorzugt werden. Eine Portion Gemüse entspricht ungefähr einer Handvoll. Es ist nicht wichtig, ob alle 3 Portionen auf einmal gegessen werden oder ob das Gemüse auf kleinere Mengen aufgeteilt wird. Es darf natürlich auch mehr Gemüse gegessen werden. Auch die Zubereitungsart darf frei gewählt werden, ob roh, gekocht, gedünstet, gebraten oder gegrillt. Wichtig ist, auf eine fett- und kalorienarme Zubereitung zu achten. Es sollten zwei Handvoll Obst pro Tag gegessen werden. Bei Smoothies, Obstmus, Kompott oder Saft ist auf die Zusammensetzung und die Mengen zu achten.


3. Vollkorn wählen

Bei Kohlenhydraten sind die Vollkornvarianten die bessere Wahl. Eine hohe Zufuhr senkt die Risiken für verschiedene ernährungsmittelbedingte Krankheiten wie z. B. Adipositas, Diabetes mellitus, Hypercholesterinämie, Arteriosklerose oder Dickdarmkrebs und hilft die Verdauung auf natürliche Weise anzuregen. Die Kohlenhydratzufuhr richtet sich nach dem individuellen Energiebedarf und den persönlichen Präferenzen. Es sollten etwa 4–5 Portionen Getreideprodukte täglich zu sich genommen werden.

Brot, Getreideflocken, Nudeln und Reis, am besten in Vollkornvarianten und Kartoffeln sind gute Kohlenhydratquellen und enthalten reichlich Vitamine, Mineralstoffe sowie Ballaststoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Täglich sollten mindestens 30 g Ballaststoffe verzehrt werden.

Weiße Getreideprodukte wie etwa Semmeln, Laugenbrezeln, Croissants, Kuchen sollten selten auf dem Speiseplan stehen. Brot, Nudeln, Reis und Kartoffeln sind fett- und kalorienarm, allerdings erhöhen Soßen, Aufstriche oder fettreicher Belag wie Wurst und Käse den Kaloriengehalt erheblich.


4. Mit tierischen Lebensmitteln die Auswahl ergänzen

Milch und Milchprodukte (z. B. Joghurt, Käse) sollten täglich unter anderem als Calciumquelle konsumiert werden, bei Gewichtsproblemen am besten in Form von fettarmen Produkten.

Der Verzehr von 1-2 Portionen insbesondere fettreichem Fisch pro Woche (entsprechend etwa 1-2 Handflächen) hat einen positiven Einfluss auf die Blutfettwerte. Fetter Seefisch wie Makrele, Lachs, Thunfisch oder Hering, aber auch heimischer Kaltwasserfisch wie z. B. Saibling, am besten aus Aquakulturen, sollten bevorzugt werden.

Fleisch trägt mit hochwertigem Eiweiß, Eisen und vielen anderen Spurenelementen und Vitaminen auch bei onkologischen Erkrankungen zu einer ausgewogenen Ernährung bei. Es wurde aber auch gezeigt, dass rotes und verarbeitetes Fleisch mit einem höheren Risiko für die Entstehung von Darmkrebs einhergeht. Der Verzehr von weißem Fleisch scheint dagegen das Risiko für Tumorkrankheiten zu reduzieren. Auch die Zufuhrmenge zählt, denn das Risiko für die kardiovaskuläre, tumorbedingte und Gesamtsterblichkeit steigt mit steigendem Verzehr signifikant. Der Fleischkonsum sollte bei 300–600 Gramm pro Woche liegen. Weißem Fleisch (z. B. Huhn, Pute) und fettarmen Produkten sollte hierbei unbedingt der Vorzug gegeben werden.


5. Gesundheitsfördernde Fette nutzen

Pflanzliche Öle wie Rapsöl und kaltgepresstes Olivenöl und daraus hergestellte Fette sollten bevorzugt werden. Viele Fast-Food und Fertigprodukte wie Wurst, Gebäck und Süßwaren enthalten reichlich versteckte Fette und sollten daher nur in kleinen Mengen verzehrt werden. Lebensmittel mit einem hohen Gehalt an Transfettsäuren (z. B. Pommes frites, Blätterteiggebäck) sollten möglichst vermieden werden.


6. Zucker und Salz einsparen

Mit Zucker gesüßte Lebensmittel und Getränke sollten gemieden werden. Zucker sollte grundsätzlich nur sparsam verwendet werden. Der Salzkonsum ist weiterhin deutlich zu hoch und sollte somit eingespart werden. Alternativ kann mit Gewürzen und Kräutern gewürzt werden.


7. Am besten Wasser trinken

Wasser ist der beste Durstlöscher. Davon sollten täglich mindestens 1,5 Liter getrunken werden. Auch andere kalorienfreie Getränke wie ungesüßter Tee sind eine gute Alternative. Zuckergesüßte Getränke und alkoholische Getränke sollten möglichst gemieden werden. Zuckergesüßte Getränke liefern nur unnötige Energie und sind nährstoffarm. Alkoholische Getränke sind ebenfalls kalorienreich. Alkohol fördert außerdem die Krebsentstehung und hat weitere gesundheitliche Nachteile.


8. Schonend zubereiten

Die Verwendung von saisonalen, regionalen und frischen Zutaten ergibt einen natürlichen und besonderen Geschmack. Bei der Verarbeitung, Erhitzung und Zubereitung von Fleisch, insbesondere beim starken Anbraten und Grillen z. B. auf dem Holzkohlengrill können krebserregende Substanzen entstehen. Lebensmittel sollten deshalb bei möglichst niedrigen Temperaturen, mit wenig Fett und Wasser und so kurz als möglich, angebraten werden. Auch bei der Zubereitung im Ofen sollten eher niedrige Temperaturen bevorzugt werden: Ober-/Unterhitze max. 200 °C, Umluft max. 180 °C. Bei höheren Temperaturen besteht die Möglichkeit der Acrylamidbildung, die unter Verdacht stehen, krebserregend zu wirken. Bei Mikrowellenverwendung entsteht kein Krebsrisiko.


9. Sich Zeit nehmen und genießen

Das Hunger- und Sättigungsgefühl wird durch ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Faktoren beeinflusst. Hunger wird z. B. durch Umweltreize, psychosoziale Faktoren und erlernte Vorlieben bestimmt, Genuss und Sättigung durch physiologische Signale wie Magendehnung, Freisetzung verschiedener Hormone (z. B. Pankreashormone, Leptin) und metabolische Substrate. Wichtig ist, dass Sie sich Zeit für Ihre Mahlzeiten nehmen, denn das fördert das Sättigungsempfinden. Essen Sie mit Genuss, kauen Sie gründlich, das fördert zudem die Verträglichkeit der Mahlzeit.


10. Auf das Gewicht achten und in Bewegung bleiben

Übergewicht und Adipositas gehen mit einer Einschränkung der Lebensqualität und einem erhöhten Risiko für verschiedene Krebsarten sowie insgesamt einer erhöhten Morbidität und Mortalität einher. Vergrößerte Fettdepots setzen Adipokine und andere Botenstoffe frei, die als Wachstumsfaktoren möglicherweise die Tumorbildung fördern. Daher sollte die Entwicklung von Übergewicht und Adipositas durch eine adäquate Ernährung und körperliche Aktivität verhindert werden.

Bei Fragen zum Thema Krebs steht das BürgerTelefonKrebs des Bayerischen Zentrum für Krebsforschung (BZKF) Betroffenen, Angehörigen, Freunden und Bekannten unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 85 100 80 zur Verfügung.  


Autoren:
Tenius L., LMU Klinikum München, Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunerschen Kinderspital, Kinderonkologie
Eberle-Pelloth W., Universitätsklinikum Würzburg, Kinderklinik und Poliklinik
Gröschel P., Universitätsklinikum Erlangen, Kinder- und Jugendklinik
Holzmüller C., Universitätsklinikum Augsburg / Kinderklinik Augsburg / MUKIS
Margraf C., München Klinik Schwabing / Kinderonkologie
Schmid I., LMU Klinikum München, Kinderklinik und Kinderpoliklinik im Dr. von Haunersch
en Kinderspital, Kinderonkologie


Der Artikel entstand in Anlehnung an das Kapitel „Ernährung und Lebensstil bei Krebs“ von L. Tenius, I. Schmid, J. Scharhag, A. Wirrwitz-Bingger im Manual: Ernährung in der Onkologie. Herausgeber: Hauner H, Martignoni M. 2018 Tumorzentrum München, Zuckerschwerdt Verlag München


Alle Informationen und Empfehlungen zum Thema “Lebensmittelhygiene und Ernährung während einer Krebsbehandlung” erhalten Sie in folgendem Flyer des Kinderonkologischen Netzwerk Bayern, KINOET und dem BZKF.
Flyer Ernährung bei Krebs